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Beim Skoda-Cup in Basel hat die Schweizer Eishockey-Realität Auslauf. Die nationale Meisterschaft ist ein Produkt, das gut unterhält und das Publikum immer noch mobilisiert. Stellen sich die lokalen Heroen aber dem internationalen Wettbewerb, beginnt die Herrlichkeit zu wanken. Resultatmässig ist Ralph Kruegers Team mit drei Punkten aus zwei Spielen und dem Prestigesieg gegen Deutschland zwar einigermassen auf Kurs. Interessieren aber tut es offensichtlich kaum jemand: 3888 Zuschauer wollten die beiden Spiele sehen; Freieintritte eingerechnet. Das entspricht dem aktuellen Zuschauerschnitt von Rapperswil-Jona, das im Unterhaltungszirkus der Nationalliga ähnlich bedeutend ist wie der Blinddarm in der menschlichen Anatomie.
Der Schweizer Eishockey-Anhang schaut weg, wenn das Nationalteam auftritt, weil sich niemand freiwillig die Illusion zerstören lässt. Und weg schaut auch die Nationalliga. Sie terminierte ihre wichtige Zusammenkunft am Donnerstag in Zug und wich damit dem Nationalteam auch geografisch aus. Dabei wäre der Anschauungsunterricht in der St.-Jakob-Arena eine gute Grundlage gewesen, um über Grösse und Anzahl Ausländer in der NLA zu diskutieren.
Die Klubvertreter und ihre Führung ziehen es offensichtlich vor, ihre Entscheide ungestört von der Realität zu fällen. Seit mehreren Jahren funktioniert die Nationalliga wie die Notaufnahme eines Bezirksspitals: Sie klebt die Pflaster dort auf, wo das Blut am stärksten hervorquillt. Nichts dokumentiert das
besser als die Diskussion um die Anzahl Ausländer. Noch im November hatte die Gesellschafterversammlung einmütig und unbeirrt von der politischen Entwicklung dafür votiert, mit drei Ausländern fortzufahren. Zwei Monate später liess derselbe Kreis für die nächste Saison einen vierten Ausländer zu und klebte damit ein Pflaster auf eine Wunde, die zu platzen drohte. Das Problem ist damit kaum gelöst. Die nächste Klagedrohung kommt bestimmt.
Die Angst vor einer Ausländerschwemme ist nachvollziehbar. Sie wird aber längst nicht mehr von der Sorge um den eigenen Nachwuchs getrieben, sondern orientiert sich an wirtschaftlichen Kriterien. Jeder zusätzliche Ausländer erhöht die Kosten, schreien die Kritiker und vergessen dabei, dass erst ihr Protektionismus den Schweizer Spielern die Position der Stärke verschafft hat, die sie nun mit Hilfe ihrer Agenten in Franken ummünzen.
Würden die Entscheidungsträger im Schweizer Eishockey einmal über die Probleme des Augenblicks hinausblicken, würden sie zweierlei feststellen: Das sportliche Niveau sinkt, und die Zuschauer beginnen sich abzuwenden. Achtungserfolge des Nationalteams sind wieder rar geworden. Die Junioren-Auswahlen kämpfen wieder gegen den Abstieg statt um Medaillen. Und obwohl erstmals alle grossen Zentren der Schweiz in der NLA vertreten sind, sinkt auch der Zuschauerschnitt (aktuell 5166 gegenüber 5526 im Vorjahr). In Davos (-807) und Zürich (-1384) ist er richtiggehend eingebrochen.
Zwei Grundsätze aus der Marktwirtschaft würden im Prinzip das Schweizer Eishockey aus seinen Problemen befreien. Erstens: Konkurrenz steigert den Wettbewerb und drückt die Kosten. Und zweitens: Niemand kann auf Dauer mehr ausgeben, als er einnimmt. An diesen Grundsätzen führt kein Weg vorbei. Wenn die Nationalliga sie endlich anerkennen würde, wäre möglicherweise auch das Nationalteam weiter.