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Bei vielen Spielern herrschen Ratlosigkeit und Wut
Noch ist es ein Tabuthema bei den Clubs: Doch die Eishockeyaner dürften kaum um deutlich grössere Lohnverzichte herumkommen, als sie teilweise schon zugesagt haben.
Corona sorgt nicht bloss für Quarantänen und Spielplanchaos. Am Mittwoch entschied der Bundesrat, dass die Spiele nun ohne Zuschauer stattfinden werden, was auch bei den teils immer noch laufenden Verhandlungen über Lohnkürzungen für neue Ausgangslagen sorgt. «Es ist eine schwierige Situation.» Diesen Satz sagt Jonas Hiller im Gespräch immer wieder. Der frühere Goalie ist Präsident der Swiss Ice Hockey Players’ Union. Die Vereinigung der Spieler ist keine Gewerkschaft und hat keine Entscheidungsgewalt. Es ist schon ein Erfolg auf dem Weg zu mehr Bedeutung, dass sie bei Meetings der Sportchefs vertreten ist und Anträge stellen darf.
Die Ausgangslage ist klar. Ohne Zuschauer wird die Saison unter den bisherigen Bedingungen nicht fertig gespielt werden können. Da werden die je 75 Millionen Franken Darlehen mit Rangrücktritt für 2020 und 2021, die vom Bund gesprochen werden dürften, zwar helfen, aber nicht reichen. Diese Zahlen habe man errechnet unter der Annahme, wie zu Saisonbeginn mit zu zwei Dritteln gefüllten Hallen spielen zu können, sagt Denis Vaucher, CEO der National League, im «Eisbrecher», dem Eishockey-Podcast dieser Zeitung.
Gespräche mit Spielern aus diversen Teams, geführt unter Zusicherung von Anonymität, zeigen: Sie, die teilweise schon rund 15 Prozent Lohnverzicht zugesagt haben, fürchten, dass diese Zugeständnisse bei weitem nicht reichen könnten, ohne dass erste Clubs zahlungsunfähig werden. «Man wird wohl neu verhandeln», sagt auch Hiller.
Eine wahre Einigkeit ist fast unmöglich. Selbst von Clubs vorgeschlagene ligaweite Massnahmen kommen seit Monaten nicht mehr durch. Alle haben ihre eigenen Finanzierungsmodelle und Lohnbudgets, wollen sich nicht reinreden lassen. Doch die neue Situation bringt mit sich, dass es im Sinne der Spieler sein könnte, über den eigenen Tellerrand zu blicken und geschlossen einen Schritt auf die Clubs zuzugehen.
Die Solidarität unter den Spielern wird zwar betont. Doch einer sagt auch: «Sollte es um einheitliche Kürzungen gehen, wird es schwierig, einen Konsens zu finden, da alle in einer anderen Phase ihrer Karriere sind.»
Achtung: Ein utopischer Vorschlag
Es könnte in der Theorie einfach sein: Alle, die mehr verdienen als die rund 120’000 Franken, die es maximal unter Kurzarbeit gäbe, könnten einwilligen, exakt für diesen Lohn die Saison fertig zu spielen. Zusammen mit dem Darlehen des Bundes würde dies den Clubs eine gute Chance bieten, ohne Zuschauer durch die Saison zu kommen. «Man könnte darüber nachdenken. Aber es wären kaum alle einverstanden», sagt ein Spieler. «Schon bei der ersten Welle, als es um 15 Prozent ging, war nicht nur Verständnis da», sagt ein anderer, fügt aber auch hinzu: «Es kann sein, dass wir nun hart auf dem Boden der Realität landen. Wir fühlten uns stets geschützt, lebten in unserer Blase.»
Die Idee dürfte dennoch Utopie bleiben, sie würde ja einen Verzicht von rund 80 Prozent bedeuten bei Grossverdienern. Einer davon sagt dennoch: «Der Aufschrei wäre gross bei so radikalen Lösungen. Aber wir werden uns auch fragen müssen: Was sind die Alternativen?»
Es wäre blauäugig, anzunehmen, dass bald wieder vor Zuschauern gespielt wird. Und weder Clubs noch Spieler können sich auf noch grössere Darlehen verlassen. Ausserhalb des «Planeten Eishockey» herrscht kein Verständnis für Forderungen. Bei den meisten Leuten sorgen schon Löhne um die 200’000 Franken für Kopfschütteln. «Ich weiss, wir werden als geldgierig dargestellt», sagt ein Spieler und fragt: «Würden Sie Nein sagen, wenn man Ihnen 500’000 Franken anbietet?» Derselbe sagt aber auch dies: «Es ist ein hausgemachtes Problem der Clubs. Mein Lohn ist doch ein Witz. Warum haben sich die Clubs nicht schon lange per Gentleman’s Agreement geeinigt, dass sie keinem mehr als 300’000 Franken zahlen? Glauben Sie nicht, die allermeisten von uns würden auch für 200’000 spielen?»
Die aggressiven Lausanner
Viele stören sich auch an Clubs, die trotz Krise Neuzuzüge holten. Das Beispiel Lausanne fällt oft, die Westschweizer waren zuletzt aggressiv auf dem Transfermarkt. Es ist auch vom Unmut innerhalb ihres Teams zu hören, wenn gleichzeitig von den Spielern auf unzimperliche Art und Weise Lohnverzichte von rund 20 Prozent gefordert würden. Die Verhandlungen nur schon über diesen ersten Verzicht sind ins Stocken geraten, Lausannes Spieler lassen sich mittlerweile durch einen Anwalt vertreten. Wie soll bei so verhärteten Fronten eine Einigung erreicht werden, falls nun noch grössere Verzichte vonnöten wären?
Es gibt auch andere Beispiele: «Ich kenne ihre Situation», sagt ein Spieler. «Mein Club ging mit uns ganz anders vor, viel transparenter und zielorientierter.»
Es ist schwierig, die Diskussion von den Löhnen wegzusteuern. Einer versucht es so: «Wir riskieren bei jedem Spiel unsere Gesundheit, das sollte entsprechend entlohnt werden.» Auch Hiller hakt hier ein: «Der Weg des Spitzensportlers ist nicht so simpel, er beinhaltet sehr viel Verzicht und Risiko. Die Karriere ist zudem viel kürzer als eine in der Privatwirtschaft. Wenn ich nicht mehr Sportler bin, habe ich nicht automatisch einen Job in
einer anderen Branche.» Um die hierzulande kleinere Anerkennung für Spitzensportler zu erhöhen, schlägt er das vor: «In den Schulen muss man auch Spitzensport als Karriere präsentieren und jenen, die nicht diesen
Weg wählen, aufzeigen, dass dahinter viel mehr steckt, als man meint.»
All dies ist indes Zukunftsmusik, die in der aktuellen Diskussion nicht hilft. Ein Spieler sagt, er lande am Ende immer wieder bei dieser Frage: «Bist du bereit, jetzt deutlich zu verzichten, damit du auch in Zukunft deinen coolen Job hast? Oder willst du dein Geld jetzt und bist dafür vielleicht bald ohne Job in einem generell schwierigen Arbeitsmarkt? Das muss sich jeder fragen.»
Autor: Kristian Kapp / Quelle: tagesanzeiger.ch
Fazit: Auch den Spielern ist bewusst, dass Löhne etlicher Clubs total überrissen sind und völlig an der Realität vorbei zielen. Eine einheitliche Regelung scheint auf Liga-Ebene dennoch nicht möglich, da noch immer zuviele Clubs an Ihren "Vorteilen" hangen und wenig Einsehen zeigen. Das könnte im Umkehrschluss aber auch bedeuten, dass bei einigen Clubs die Not noch nicht gross genug ist. Anhand Medien, Social-Media und TV-Interviews bekommt man zunehmend den Eindruck, dass in der Sportbranche viele unfähige Managements installiert sind, welche wenig Ahnung davon haben, wie Sie langfristige Perspektiven für Ihr Unternehmen und das Hockey im ganzen bieten können. Der Präsident von Langnau hat in dieser Hinsicht durchaus Recht, wenn er davon spricht, dass Hockeyclubs in den vergangen Jahren schlecht gewirtschafet hätten und generell an den falschen Orten deutlich zuviel investiert haben.
Wie kann es sein, dass ein SC Bern einem 4-Linien-Spieler sagenhafte 230'000.- bezahlt? Wie kann es sein, dass die NLA die drittteurste Liga der Welt ist, wenn Sie nur die 4 bis 5 beste Liga in spielerischer Hinsicht ist? Wieso bilden diese "Unternehmen" keine Reserven / Rücklagen und wofür gibt es die Finanz-Komission des SIHF überhaupt? Wieso produziert das CH-Hockey deutlich weniger Taletene bei deutlich grösseren finanziellen Möglichkeiten als alle vergleichbaren Nationen (SWE,FIN, CZE, GER) ? In der NLA gibt es dem Anschein nach drei Clubs welche Löhne bezahlen, die Vernünftig sind und in etwa Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen. Zu diesen gehört unser SCRJ, Langnau sowie Ambri. Schon bald wird Davos auch dazugehören, denn ohne Spengler-Cup kann Davos ebenfalls nicht überleben, wenn nicht harte Einschnitte in Kauf genommen werden. In der NLB ist die wirtschaftliche Realität wohl bei den meisten Clubs im Budget abgebildet, mit Ausnahme der Kerosiner zu Kloten. An dieser Stelle darf man unserem SCRJ wirklich ein Kränzchen winden, denn in den vergangenen Jahren wurde sehr gut und vernünftig von der Basis aus gewirtschafet.
P.S: Das echte Drama scheint sich in Lausanne abzuspielen, wo Spieler mit Anwälten gegen den Club verhandeln und trotz finanzieller Schwierigkeiten weiterhin grossartige Transfers gemacht werden. Auch die Auftritte des CEO von Lausanne im TV (Mysports / SRF) deuten auf kommendes Drama hin.