Im Schweizer Eishockey regiert das Mittelmass - Bilanz der Regular Season
Mit der «Last-Minute-Qualifikation» von Fribourg-Gottéron ist die längste Regular Season der Schweizer Eishockeygeschichte zu Ende gegangen. Ab Dienstag beginnen die Play-offs mit den Viertelfinals Lugano - Freiburg, Bern - Zug, Genf/Servette - Ambri-Piotta und Davos - ZSC Lions.
Können Sie sich an den 22. November 2003 erinnern? - Damals trennten sich Bern und Lugano nach hochklassigem Spiel 3:3. Oder an den 7. Dezember? - An jenem Sonntagnachmittag verspielten die Kloten Flyers gegen den EV Zug einen 4:0-Vorsprung. - Was war am 23. Dezember? In der letzten Runde des alten Jahres bezwang Ambri-Piotta den HC Lugano 5:2. - Oder am 13. Februar? Claude Lemieux gab mit dem EV Zug gegen die ZSC Lions sein erfolgloses Début. - Mit diesen Antworten wird sich kaum je eine Million gewinnen lassen. Sie stehen für Momente, in denen die längste Qualifikationsphase (312 Spiele) mehr war als blosser Durchschnitt - Momente, in denen die Emotionen hochgingen, in denen sich niemand fragte, warum er 50 Franken für eine Eintrittskarte bezahlt hatte.
Das breiteste Mittelfeld
Viel hat sich im Schweizer Eishockey in den letzten fünfeinhalb Monaten aber nicht verändert: Noch immer ist es in Ambri am kältesten, in Zürich hängt am meisten Rauch in der Luft, Bern setzt die Massstäbe im wirtschaftlichen, Lugano aber im sportlichen Bereich. Die markanteste Entwicklung fand im Rücken der Branchenleader statt. Davos und die ZSC Lions haben ihren Status als Spitzenkräfte (vorübergehend) eingebüsst. Im Landwassertal standen die wirtschaftlichen Probleme einer ruhigen Saison im Weg, in Oerlikon waren es die Verjüngung der Equipe und der Leistungsabbau von ehemaligen Teamleadern. Noch nie war das Mittelfeld breiter als in den letzten fünf Monaten: Es reichte von A wie Ambri bis Z wie Zürich und erstreckte sich von den Rängen 3 bis 11. Sportlich dokumentiert diese Tendenz den Rückschritt. Das drückt sich in den Leistungen der Auswahlmannschaften aus. Spieler, die im Alltag nur selten gefordert werden, aber schon im November einen hoch dotierten Vertrag für die nächsten Jahre in der Tasche haben, stossen im internationalen Geschäft an ihre Grenzen - Nationaltrainer Krueger und U-20-Headcoach Kölliker wissen Bescheid.
Die Nivellierung nach unten zeitigte aber auch positive Konsequenzen: Ihr verdankte die Regular Season das Herzschlag-Finale um den letzten Play-off-Platz. Hätten beispielsweise die ZSC Lions die Punkte in fremden Stadien nicht regelmässig «verschenkt», wäre der HC Davos schon zu Beginn der Saison mit drei (kompetitiven) Ausländern angetreten oder hätten die Kloten Flyers bloss halb so viele Ausfälle zu beklagen gehabt, die Konturen in der Tabelle wären deutlicher. So aber fehlte der Meisterschaft fast jegliche Konstanz. Die sportlichen Wahrheiten wurden in der Regel schon 24 Stunden später wieder umgestossen. Jeder schlug jeden, fast niemand war vor überraschenden Rückschlägen sicher. Doch genau diese Verwässerung war letztlich ein wichtiges Verkaufsargument. Wer hätte sich sonst noch für die Partie Freiburg - Zug in Runde 48 interessiert?
Sieger und Verlierer
Noch ist Zeit zur Korrektur. Erst am Dienstag beginnen die Wochen der Entscheidung. Doch die Auftritte der Regular Season hinterliessen auch nachhaltige Eindrücke. Der HC Lugano beispielsweise entledigte sich seiner Aufgabe mit meisterlicher Grandezza. Die Tessiner stützten sich auf die Produktivität ihrer ausländischen Stürmer (Peltonen/Maneluk), gewannen souverän die Qualifikation, schienen aber nie wirklich an ihre Grenzen gegangen zu sein. Den spektakulärsten Beitrag lieferte der SC Bern. Dort, wo das Ruhnke-Team auftrat, krachten die Balken. Die Zuschauer dankten es: 13 100 Fans kamen durchschnittlich zu den SCB-Heimspielen. Im positiven Bereich bewegte sich auch Genf/Servette. In seiner zweiten A-Saison hat der Anschutz-Ableger einen weiteren Vorwärtsschritt gemacht. Die ausgeglichene Besetzung, die taktische Disziplin und Torhüter Pavoni machen ihn in den Play-offs zu einem gefährlichen Gegner. Trainer McSorley, einer der Aufsteiger der Saison, hält die Fäden in Genf sicher in der Hand. Wer gegen sein Team in Rückstand gerät, hat ein Problem.
Doch nicht überall scheint die Sonne. Am grössten ist das Frustrationspotenzial in Basel. Im Lager des Tabellenletzten muss sich vor allem Manager Cadieux prinzipielle Fragen gefallen lassen: War es richtig, nach dem Aufstieg die halbe Mannschaft (und den Trainer) ausgewechselt und die vereinigten Restposten der Liga unter Vertrag genommen zu haben? Der Schwung des Aufstiegs wurde fahrlässig «verschenkt». Auch in Langnau fällt eine Bestandesaufnahme ernüchternd aus. Die angestrebte Play-off-Qualifikation war nie ein ernsthaftes Thema - 17 neue Spieler hin oder her. Offensiv und erfolgreich traten die Emmentaler weiterhin nur im Transfergeschäft auf. Das verbessert die Perspektiven, erhöht aber auch den Druck. Eines der betrüblichsten Kapitel schrieb der Lausanne HC. Mit einem nur schwer nachvollziehbaren Trainerwechsel warfen sich die Waadtländer selber aus der Balance. Mittlerweile ist der Scherbenhaufen in Mally grösser als die Aussicht auf ein versöhnliches Saisonende. Die Lausanner liefern eine perfekte Fallstudie, wie man trotz hervorragenden Voraussetzungen (fast) alles falsch machen kann.
Letztlich entscheidet sich das sportliche Schicksal aber erst mit Beginn der Play-offs (bzw. der Relegationspoule). Können die Berner mit Muskelkraft und Leidenschaft den HC Lugano aus dem Gleichgewicht werfen? Tanzt der HC Davos den letzten Tango (vor dem angekündigten Personalabbau) bis in den Final? Raufen sich die Altmeister aus Zürich nochmals zusammen? Tappt der SCB in die Zuger Falle? Antworten darauf gibt's demnächst - im grossen Theater des Schweizer Eishockeys.
irgendwie kann ich mich da nahtlos anschliessen. diese quali war ja nicht gerade übersät mit spektakel auf dem eis. und das jetzt nicht nur auf rappi bezogen. also gemäss tv und anderen medien sind mir auch nicht gerade viele höhepunkte im kopf geblieben. das war bis dato schon eine ganz schwache saison. für rappi insbesondere, aber auch sonst......
alles ä chli zum gähnen im ch-hockey
kein wunder, platzen die stadien nicht aus allen nähten, oder ist hockey am tv so unpopulär.
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