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Die schlaue Maus
Biel runter, Lausanne rauf, Lausanne wieder runter, La Chaux-de-Fonds rauf, Herisau rauf, Herisau wieder runter, La Chaux-de-Fonds wieder runter, Langnau rauf, Chur rauf, La Chaux-de-Fonds schon wieder rauf, La Chaux-de-Fonds schon wieder runter, Lausanne schon wieder rauf, Chur wieder runter, Servette rauf, Basel rauf. Mannschaften kommen und gehen - Rapperswil aber bleibt in der Nationalliga A.
Die St. Galler spielen ihre zehnte Saison in der ersten Klasse. Seit dem Aufstieg 1995 hat sich der SCRJ mit bemerkenswerter Konstanz im Kampf um die Playoff-Qualifikation und vom Abstieg fern gehalten. Mit Ausnahme eines dritten Rangs 1996 beendete er die Qualifikation immer zwischen dem siebten und elften Platz. In sechs Playoff-Teilnahmen konnten die Rapperswiler aber noch keine einzige Serie gewinnen.
Bis zur nächsten Chance muss man sich am oberen Zürichsee mindestens ein weiteres Jahr gedulden. Die Rapperswiler müssen die laufende Saison mit der Antiklimax einer für sie fast bedeutungslosen Relegationsrunde ausklingen lassen. Gelegentliche Punktegewinne gegen die ums sportliche Überleben kämpfenden Basler, Langnauer und Lausanner werden dem als graue Maus der Liga verschrienen Klub genügen, um wieder nicht in die Abstiegsfalle zu tappen.
Der Klub verdient Anerkennung dafür, wie er sein bescheidenes Potenzial seit einem Jahrzehnt mit Beharrlichkeit und Sachverstand ausschöpft. Dass Rapperswil den Vertrag mit Trainer Eloranta vorzeitig verlängert hat, obwohl das Saisonziel Playoff verpasst wurde, zeigt zwar, dass man sich nicht nur mit dem Besten zufrieden gibt. Es ist aber auch ein Bekenntnis zu einer bewährten Strategie der Kontinuität.
Im Herbst, wenn die grossen Tiere der Liga noch im Frühstadium des Aufbaus ihrer potenziellen Meisterteams stehen, legt sich die schlaue Maus jeweils einen Punktevorrat an, von dem sie bis im Frühjahr zehrt. Im Winter können die Rapperswiler dann aus einer relativ sicheren Tabellenposition heraus an der nächstjährigen Mannschaft bauen.
Die Stars der Liga zieht es zwar nicht in die Rosenstadt. Aber regelmässig finden Spieler, die sich aus unterschiedlichen Gründen in einer schwierigen Karrierephase befinden, im Auffangbecken Rapperswil zu alter oder neuer Stärke. Mit einer meist glücklichen Hand bei der Auswahl der Söldner und der Integration eigener Nachwuchsspieler hält der Klub so Jahr für Jahr sein Leistungsniveau.
Die übrigen Vereine erfreuen sich aber wenig am Erfolg dieser Nischenstrategie. Rapperswil bringt keine Zuschauer in die Stadien und repräsentiert für Medien und Sponsoren keinen attraktiven Markt. Sie sprechen es kaum offen aus, aber die meisten Konkurrenten wünschten, Rapperswil wäre dort, wo jetzt der EHC Basel steht. Es gäbe wohl am kommenden Donnerstag keine ausserordentliche Gesellschafterversammlung der Nationalliga, um den St. Gallern eine zweite Chance zum Ligaerhalt zu geben.
Derweil der potenzielle Grossklub Basel aber um seine Existenz kämpft, wird in der Provinz gelassen der nächste Schritt nach vorne geplant. Im kommenden Sommer soll die Bevölkerung von Rapperswil-Jona über ein neues Stadion-Projekt abstimmen. Ab übernächster Saison möchte der Klub mit einer modernen Halle bereits zusätzliche Einnahmen generieren. Die Konkurrenz muss sich wohl auf ein weiteres Jahrzehnt mit der schlauen Maus einstellen.