Rauchfrei im Ausgang?
Verfasst: 24. Feb 2006 08:59
Rauchfrei-Kampagne verpufft
Das Tessin stimmt über rauchfreie Restaurants ab. Solche Gesetze will Gastro Suisse andernorts abwenden. Doch ihre freiwillige Alternative zieht bei den Wirten nicht.
Von Christina Leutwyler, Lugano
In der Theorie tönt es einleuchtend: Jeder Wirt bestimmt selbst, wie er es in seinem Lokal mit dem Rauchen halten will, und deklariert dies gegen aussen. Grundsätzlich hat er vier Möglichkeiten: Er erlaubt das Rauchen uneingeschränkt, er unterbindet es zu den Essenszeiten, er verbietet es in gewissen Räumen, oder er untersagt es ganz. So wird den Gästen die Wahl überlassen.
Diese Idee liegt der Kampagne «Rauchfrei geniessen» zu Grunde, die Gastro St. Gallen vor einem halben Jahr lanciert und die sich Gastro Suisse zu Eigen gemacht hat. Die Wirte, die mitmachen, erhalten Kleber und Promokarten. Zudem werden ihre Lokale ins Internet aufgenommen. Doch die Kampagne harzt. Bisher hätten sich gut 1000 der rund 20'000 Gastro-Suisse-Mitglieder gemeldet, sagt der Präsident von Gastro St. Gallen, Josef Müller. «Das ist massiv zu wenig», räumt er ein. Etwa 10 Prozent der Betriebe hätten sich ganz rauchfrei erklärt, während weitere 60 Prozent über rauchfreie Räume verfügten.
Dass bisher nur so wenige Wirte mitmachen, wird für Gastro Suisse zum politischen Problem. Denn am 13. März ist der Verband zu einer Anhörung vor der Subkommission «Passivrauchen» der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit eingeladen. Die Subkommission berät, wie die parlamentarische Initiative des FDP-Fraktionschefs und Zürcher Nationalrats Felix Gutzwiller umgesetzt werden soll. Der Präventivmediziner verlangt mit der offen formulierten Initiative einen besseren Schutz vor dem Passivrauchen.
«Möglichst hohe Beteiligung»
Gastro Suisse hält jedoch nichts von neuen gesetzlichen Regeln. «Wir wollen mit freiwilligen Massnahmen generelle Verbote verhindern», erklärt Müller die Strategie des Verbands. Umso wichtiger ist für Gastro Suisse, dass die freiwillige Alternative überzeugend wirkt. Exakt einen Monat vor der Anhörung in Bern hat der Verband deshalb einen dringenden Appell an alle Kantonalsektionen gerichtet. «Wir müssen unsere Anstrengungen massiv verstärken», heisst es in dem Brief gleich zweimal fett gedruckt. An der Sitzung «müssen wir unter allen Umständen eine möglichst hohe Beteiligung an unserer Kampagne ausweisen können».
Doch wieso fällt es dem Verband so schwer, seine Mitglieder für diese Ideezu gewinnen? Entscheidend sind zwei Gründe: Die einen haben sich damit abgefunden, dass der Schutz vor Passivrauchen gesetzlich geregelt wird. Andere halten sich lieber still, um es sich nicht mit den Kunden zu verderben.
Tessiner und Bündner scheren aus
Ausdrücklich gegen die Gastro-Suisse-Kampagne sind die Tessiner und die Bündner. «Die Selbstregulierung wird nie funktionieren», sagt Fabio Bernaschina, der Direktor von Gastro Ticino. Dies habe die Erfahrung im Tessin gezeigt. Gastro Ticino unterstützt deshalb die neue gesetzliche Regelung, über die am 12. März im Tessin abgestimmt wird. Erstmals in der Schweiz soll das Rauchenin Restaurants, Bars und Nachtlokalen untersagt werden. Zugelassen bleiben soll es nur in so genannten Fumoirs - abgetrennten Räumen, die separat belüftet werden können. Die Lega hat gegen diese Neuerung das Referendum ergriffen. Umfragen lassen allerdings ein Ja zu den rauchfreien Lokalen erwarten.
Auch Gastro Graubünden macht bei der Kampagne des Dachverbands nicht mit - «weil es nichts bringt», wie Kantonalpräsident Andy Abplanalp sagt. Die Mehrheit der Bevölkerung wünsche heute einen besseren Schutz vor dem Passivrauchen. Der Bündner Grosse Rat hat die Regierung vor kurzem beauftragt, ein Gesetz auszuarbeiten. Statt sich dagegen zu wehren, sei es sinnvoller mitzuwirken, findet Abplanalp. So liessen sich vernünftige Lösungen finden. «Gastro Suisse hat keine Freude an uns, aber wir können damit leben», sagt er.
Eigene Wege geht auch Gastro Genève. Kantonalpräsident Laurent Terlinchamp findet zwar die Idee der Gastro-Suisse-Kampagne grundsätzlich gut. Doch statt mitzumachen, konzentriert Gastro Genève die Energien lieber auf die politische Debatte. Eine Volksinitiative mit über 20 000 Unterschriften verlangt nämlich in Genf ein Rauchverbot. Die Regierung prüft einen Gegenvorschlag mit gewissen Ausnahmen. Abgestimmt wird kaum vor nächstem Jahr.
Lieber kein Streit mit Gästen
In den meisten Kantonen harzt es. «Viele wagen nicht, sich festzulegen - aus Angst, Kunden zu verlieren oder gegen das politisch Korrekte zu verstossen», sagt Michel Vuillemin, der Präsident von Gastro Neuchâtel. Vor allem für die Inhaber kleiner Lokale sei es sehr schwierig. Auch der St. Galler Kantonalpräsident Müller weiss: «Es ist ein Fakt, dass zu wenige Wirte den Mut haben, sich zu positionieren.» Viele scheuten Konfrontationen mit ihren Gästen. «Sie wollen den schwarzen Peter lieber weiterschieben und sich auf ein Gesetz berufen können - auch wenn ihnen dieses schadet.»
Hm... was meint ihr? Soll man Rauchen in Beizen generell verbieten? Oder soll das jeder selber entscheiden können? Was meint ihr zur Abstimmung im Tessin?
Das Tessin stimmt über rauchfreie Restaurants ab. Solche Gesetze will Gastro Suisse andernorts abwenden. Doch ihre freiwillige Alternative zieht bei den Wirten nicht.
Von Christina Leutwyler, Lugano
In der Theorie tönt es einleuchtend: Jeder Wirt bestimmt selbst, wie er es in seinem Lokal mit dem Rauchen halten will, und deklariert dies gegen aussen. Grundsätzlich hat er vier Möglichkeiten: Er erlaubt das Rauchen uneingeschränkt, er unterbindet es zu den Essenszeiten, er verbietet es in gewissen Räumen, oder er untersagt es ganz. So wird den Gästen die Wahl überlassen.
Diese Idee liegt der Kampagne «Rauchfrei geniessen» zu Grunde, die Gastro St. Gallen vor einem halben Jahr lanciert und die sich Gastro Suisse zu Eigen gemacht hat. Die Wirte, die mitmachen, erhalten Kleber und Promokarten. Zudem werden ihre Lokale ins Internet aufgenommen. Doch die Kampagne harzt. Bisher hätten sich gut 1000 der rund 20'000 Gastro-Suisse-Mitglieder gemeldet, sagt der Präsident von Gastro St. Gallen, Josef Müller. «Das ist massiv zu wenig», räumt er ein. Etwa 10 Prozent der Betriebe hätten sich ganz rauchfrei erklärt, während weitere 60 Prozent über rauchfreie Räume verfügten.
Dass bisher nur so wenige Wirte mitmachen, wird für Gastro Suisse zum politischen Problem. Denn am 13. März ist der Verband zu einer Anhörung vor der Subkommission «Passivrauchen» der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit eingeladen. Die Subkommission berät, wie die parlamentarische Initiative des FDP-Fraktionschefs und Zürcher Nationalrats Felix Gutzwiller umgesetzt werden soll. Der Präventivmediziner verlangt mit der offen formulierten Initiative einen besseren Schutz vor dem Passivrauchen.
«Möglichst hohe Beteiligung»
Gastro Suisse hält jedoch nichts von neuen gesetzlichen Regeln. «Wir wollen mit freiwilligen Massnahmen generelle Verbote verhindern», erklärt Müller die Strategie des Verbands. Umso wichtiger ist für Gastro Suisse, dass die freiwillige Alternative überzeugend wirkt. Exakt einen Monat vor der Anhörung in Bern hat der Verband deshalb einen dringenden Appell an alle Kantonalsektionen gerichtet. «Wir müssen unsere Anstrengungen massiv verstärken», heisst es in dem Brief gleich zweimal fett gedruckt. An der Sitzung «müssen wir unter allen Umständen eine möglichst hohe Beteiligung an unserer Kampagne ausweisen können».
Doch wieso fällt es dem Verband so schwer, seine Mitglieder für diese Ideezu gewinnen? Entscheidend sind zwei Gründe: Die einen haben sich damit abgefunden, dass der Schutz vor Passivrauchen gesetzlich geregelt wird. Andere halten sich lieber still, um es sich nicht mit den Kunden zu verderben.
Tessiner und Bündner scheren aus
Ausdrücklich gegen die Gastro-Suisse-Kampagne sind die Tessiner und die Bündner. «Die Selbstregulierung wird nie funktionieren», sagt Fabio Bernaschina, der Direktor von Gastro Ticino. Dies habe die Erfahrung im Tessin gezeigt. Gastro Ticino unterstützt deshalb die neue gesetzliche Regelung, über die am 12. März im Tessin abgestimmt wird. Erstmals in der Schweiz soll das Rauchenin Restaurants, Bars und Nachtlokalen untersagt werden. Zugelassen bleiben soll es nur in so genannten Fumoirs - abgetrennten Räumen, die separat belüftet werden können. Die Lega hat gegen diese Neuerung das Referendum ergriffen. Umfragen lassen allerdings ein Ja zu den rauchfreien Lokalen erwarten.
Auch Gastro Graubünden macht bei der Kampagne des Dachverbands nicht mit - «weil es nichts bringt», wie Kantonalpräsident Andy Abplanalp sagt. Die Mehrheit der Bevölkerung wünsche heute einen besseren Schutz vor dem Passivrauchen. Der Bündner Grosse Rat hat die Regierung vor kurzem beauftragt, ein Gesetz auszuarbeiten. Statt sich dagegen zu wehren, sei es sinnvoller mitzuwirken, findet Abplanalp. So liessen sich vernünftige Lösungen finden. «Gastro Suisse hat keine Freude an uns, aber wir können damit leben», sagt er.
Eigene Wege geht auch Gastro Genève. Kantonalpräsident Laurent Terlinchamp findet zwar die Idee der Gastro-Suisse-Kampagne grundsätzlich gut. Doch statt mitzumachen, konzentriert Gastro Genève die Energien lieber auf die politische Debatte. Eine Volksinitiative mit über 20 000 Unterschriften verlangt nämlich in Genf ein Rauchverbot. Die Regierung prüft einen Gegenvorschlag mit gewissen Ausnahmen. Abgestimmt wird kaum vor nächstem Jahr.
Lieber kein Streit mit Gästen
In den meisten Kantonen harzt es. «Viele wagen nicht, sich festzulegen - aus Angst, Kunden zu verlieren oder gegen das politisch Korrekte zu verstossen», sagt Michel Vuillemin, der Präsident von Gastro Neuchâtel. Vor allem für die Inhaber kleiner Lokale sei es sehr schwierig. Auch der St. Galler Kantonalpräsident Müller weiss: «Es ist ein Fakt, dass zu wenige Wirte den Mut haben, sich zu positionieren.» Viele scheuten Konfrontationen mit ihren Gästen. «Sie wollen den schwarzen Peter lieber weiterschieben und sich auf ein Gesetz berufen können - auch wenn ihnen dieses schadet.»
Hm... was meint ihr? Soll man Rauchen in Beizen generell verbieten? Oder soll das jeder selber entscheiden können? Was meint ihr zur Abstimmung im Tessin?