Alte Freundschaften
Jetzt muss Zauberer Slettvoll ran
Von Peter Pflugshaupt, Nicole Vandenbrouck, Freddy Trütsch und Doriano Baserga | 23:58 | 08.01.2008
LUGANO – Elf Verlustpunkte Rückstand auf den Strich. Jetzt haben die Bianconeri die Nerven verloren. Gestern Nachmittag feuerten sie Trainer Kent Ruhnke (55). Der Nachfolger ist ein Altbekannter in Lugano: John Slettvoll.
1986: John Slettvoll lässt sich als Luganos Meister-Trainer bejubeln. (Keystone)
Am Sonntagabend gab Lugano-Präsident Paolo Rossi Trainer Kent Ruhnke noch Rückendeckung: «Ruhnke bleibt Trainer», sagte er zu BLICK. Und gestern Nachmittag, keine 48 Stunden später, hat John Slettvoll (63) bei Lugano unterschrieben.
Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte des Sports, dass ein Trainer zwei Tage nach gegenteiligen Parolen der Klubführung doch entlassen wurde. Aber unglaublich ist, dass gestern Morgen vor dem Training in der Resega noch ein neues Mannschaftsfoto aufgenommen wurde: mit Kent Ruhnke! Und am Nachmittag wurde Ruhnke nach 34 Amtstagen gefeuert.
Damit haben die Lugano-Bosse den Spielern die Macht abgetreten. Denn hinter vorgehaltener Hand spricht man davon, dass mehr als die Hälfte der Spieler gegen Ruhnke waren. Ruhnke habe es nicht geschafft, der Equipe die nötigen Impulse zu geben. In psychologischer Hinsicht stecke das Team immer noch in einem Dilemma, hiess es in einer Mitteilung des Verwaltungsrates.
Präsident Rossi: «Der Entscheid ist zwischen Montag und Dienstag gereift. Slettvoll kennt die Verhältnisse in Lugano. Er wird versuchen, die Saison zu retten. Aber wir müssen uns im Klaren sein, dass es sehr schwierig ist.»
Innert 48 Stunden hat Rossi seine Meinung also völlig geändert. Er wollte an Ruhnke festhalten, muss jetzt aber den Slettvoll-Deal verkaufen.
Muss er als Marionetten-Präsident gute Miene zum bösen Spiel machen?
Ganz nach dem Grundsatz «Wer zahlt, befiehlt»? Denn hinter dem Slettvoll-Deal stehen der charismatische Mäzen Geo Mantegazza und der ehemalige Sportchef Fabio Senni.
In den glorreichen Zeiten des Grande Lugano wurden Mantegazza, Senni und Slettvoll gute Freunde. Freundschaften, die bis heute halten. Slettvoll stand in Lugano schon zwischen 1983 bis 1996 an der Bande und wurde vier Mal Schweizer Meister. Er war der Baumeister des Grande Lugano.
Slettvoll zu BLICK: «Ich will in Lugano keine neue Karriere aufbauen. Aber wenn gute Freunde um Hilfe rufen bin ich zur Stelle.»
Slettvoll arbeitete in den letzten Jahren vor allem für schwedische Fernsehstationen als Experte und verfasste Zeitungs-Kolumnen. Für Lugano unterbricht er quasi seinen Vorruhestand. Er unterschrieb einen Vertrag bis Ende Saison.
Auf den Tag genau vor zehn Jahren, am 9. Januar 1998, kehrte Slettvoll bereits einmal in die Schweiz zurück. Um Herisau vor dem Abstieg zu retten – er schaffte es nicht.
Slettvoll fliegt heute von Umea über Zürich nach Lugano. Wenn alles wie vorgesehen klappt, wird er um 16 Uhr der Mannschaft vorgestellt und das erste Training leiten.
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Kommentar dazu von Dino Kessler
Der Zauberer ist zurück. Der absolute Baumeister des «Grande Lugano».
Erstaunlich? Ja und nein.
Ja, weil Slettvoll schon lange nicht mehr in der Schweiz gearbeitet hat.
Nein, weil es beweist, wie viel Herzblut Geo Mantegazza für sein Lugano vergiesst.
Klar ist auch: Hier waren alte Seilschaften am Werk.
Geo Mantegazza und der legendäre ehemalige TK-Chef Fausto Senni sind die Drahtzieher dieser Aktion.
In einem anderen Verein hätte man den Zufall Regie führen lassen.
Nicht in Lugano, wo andere Gesetze gelten: Mantegazza und Senni haben die Reissleine gezogen – der schuldlose Ruhnke muss gehen, Präsident Rossi wird seine Machtlosigkeit vor Augen geführt.
Aber was wird Slettvoll tun?
Sich selbst sein.
Der Magier war 1992 mein Coach bei der A-WM in Prag.
Vor dem ersten Spiel gegen einen Haufen NHL-Russen ist er vor die Mannschaft getreten und hat gesagt: Geht raus und spielt so wie ich es befehle – die Verantwortung dafür übernehme ich.
Wir erreichten ein 2:2 gegen die Russen, ein 1:1 gegen
Kanada, am Ende schafften wir den 4. Platz.
Zu verlieren hat Slettvoll nichts. Das Schweizer Eishockey hat er via Informationen von Gewährsleuten verfolgt.
Vormachen konnte ihm noch nie jemand etwas, auch wenn es einst Leute gab, die das in grenzenloser Selbstüberschätzung geglaubt haben. Es würde mich nicht wundern, wenn er Sandro Bertaggia an seine Seite holen würde.
Ob Magier oder nicht – Slettvoll braucht einen respektierten Verbindungsmann, der schon zu Zeiten des «Grande Lugano» an seiner Seite stand und auch die aktuellen Verhältnisse kennt.

ob der noch was bringt? ist ja schon lange nicht mehr in dem geschäft tätig. lugano und die ganze hockeyszene hat sich stark verändert, auch wenn er anscheinend per informationen das schweizer hockey verfolgt hat. aber hinter der bande zu stehen und die mannschaft zu führen ist nicht dasselbe. ich bin auf die weiteren schlagzeilen gespannt

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