Rog hat geschrieben:Mich kotzt es einfach an, dass ich ansich gerne solche Spiele schauen würde, aber mir inzwischen sehr gut überlege wo ich noch Fussball schauen soll. Eigentlich sollte doch so ein Spiel diese Überlegung nicht wert sein. Man sollte ohne Bedenken gehen können und so eine Chance wie ich mit dem Ticket nicht verpassen, weil ein paar Idioten mir und vielen anderen die Lust eines Stadionbesuches nehmen. Selbst mein Kumpel ging dann nicht (seit Jahren eingefleischter und eingeschriebener Milan-Fan) weil er geahnt hat, dass es chaotisch wird.
Das ist es was mich am meisten nervt wegen diese Idioten. Ich habe schon einige Championsleaguespiele gesehen, inklusive eines Finales und überall war es eigentlich friedlich. Es könnte ja auch so gehen...
Rog
na ja, diese paar idioten scheinen aber ziemlich eine grosse anzahl zu sein, und sie sind verdammt gut organisiert.
hallo leute, dass ist nicht scrj-evz, wo vor dem stadion 3 den max machen und im internet 20 user ******* evz schreiben. das ist auch nicht thun - xamax, wo das bedrohlichste die berner alpen darstellen.
aber lest selber.
Der Ultra, das bekannte Unwesen
Weshalb Italien mit dem Terror in den Fussballstadien nicht aufräumen kann
ph. Tremona, 13. April
«Schande ohne Ende», titelt die «Gazzetta dello Sport». «Schande ohne Ende», hallte es aus «La Repubblica». «Der letzte Irrsinn in San Siro», lamentiert der «Corriere della Sera». Dida, der brasilianische Torhüterriese, der von einer brennenden Petarde im Nacken getroffen wurde, hat das anonyme Attentat aus der Curva Nord mit etwas versengter Haut und einem leichten Schock überlebt. Das ist die gute Nachricht. Der Zustandsbericht des Calcio hingegen ist besorgniserregend. Der italienische Fussball hat in der Dienstagnacht im Euro-Derby Inter gegen Milan in der ausverkauften Arena von San Siro und vor Millionen Fernsehzuschauern in 76 Ländern buchstäblich die Hosen heruntergelassen, als die Inter-Ultra-Banden mit ihrer Explosion aufgestauter Frust um 22 Uhr 40 den Abbruch der Vorstellung erzwangen, beim Stande von 1:0 für Milan, nach 72 Minuten Spielzeit.
Schuldzuweisungen an die Falschen
Das gespenstisch vernebelte, flackernde Spielfeld sah aus wie ein Guerilla-Schauplatz, und der Inter-Trainer Roberto Mancini, dessen Träume sich ebenfalls in Rauch auflösten, sagte: «Ich habe dem Schiedsrichter gesagt: Schuld bist du.» Auch das ist - leider - verräterisch italienisch: Das Problem des Terrors, der Gewalt, der Gesetzlosigkeit wird noch mitten im Stadionkrieg verdrängt. Der Mailänder Polizeipräsident spricht von den «üblichen 200 bis 300 Militanten, die wir alle mit unseren Videokameras gefilmt haben». In der Schuldzuweisungskette übernimmt niemand Verantwortung. Am gleichen Tag, als San Siro im Chaos versank, hatte von höchster Stelle aus der Innenminister Giuseppe Pisanu vollmundig verkündet: «Basta mit der Gewalttätigkeit, oder ich schliesse die Stadien.» Er reagierte damit auf den fast normalen Wahnsinn eines Wochenendes mit 85 verletzten Polizisten, 17 inhaftierten und 265 verzeigten Ultras (die meisten nach der Partie Lazio Rom gegen Livorno, diesem Polit-Folklore- Krieg der «römischen Faschisten» gegen die «toskanischen Kommunisten»), mit der üblen und üblichen Litanei rassistischer Spruchbänder und Sprechchöre und den Bildern der verwüsteten Stazione San Pietro in Rom, wo die Horden aus Livorno gewütet hatten - und das nur wenige Stunden nach der Bestattung des Papstes. Eine Woche zuvor, aus Anlass des Todes von Johannes Paul II., hatte der Fussball seine Tore pietätvoll geschlossen. Aber mit grossen Gesten und populistischen Ministerworten lässt sich das lästige Phänomen nicht zum Verschwinden bringen.
Präsidialer Kniefall vor Häuptlingen
Der Lazio-Veteran Luigi Di Canio, der beim Römer Derby mit dem Faschistengruss das Stadio Olimpico aufheizte, wurde vom Fussballverband mit 10 000 Euro gebüsst, der Klub mit dem gleichen Betrag, darauf haben die Ultras gesammelt. Die Lazio hat 153 Millionen Steuerschulden. Die Regierung gewährte ihr 23 Millionen Rabatt und eine grosszügige Abstotterungslösung über zehn Jahre. Premier Berlusconi hat die Rettungsmassnahme (die alle andern Klubpräsidenten auf die Palme brachte, vor allem die wenigen ehrlichen, die tatsächlich Steuern bezahlen) mit «Rücksicht auf die öffentliche Ordnung» begründet - ein Kniefall vor den Ultra-Häuptlingen, die sonst einen Strassenkrieg entfesselt hätten. Aber es handelt sich um kaum kaschierte politische Protektion: Lazio ist der Klub - und ein Stimmenreservoir - des Regierungspartners und Alleanza- Nazionale-Führers Gianfranco Fini. Und Finis resolute Ehefrau Daniela, die in ihrer Sturm-und- Drang-Zeit selber eine Ultra-Montur trug, tritt gerne als Übermutter der Lazio-Stämme auf.
Die Staatspolizei hat 440 Ultra-Gruppen registriert.
Sie veranschlagt die Zahl der organisierten Tifosi auf 75 000. Etwa 20 Prozent der Mitläufer sind politisch motiviert. Als rechtsgerichtet bis rechtsextrem gelten die Anhänger von Lazio, AS Roma und Inter, als links die Gefolgschaft der Fiorentina und Livornos. Die Klubs haben die militanten Haufen und ihre Fehden lange als blosse Fussballfolklore verharmlost und ertragen.
Doch die Ultra-Kommandanten haben längst rechtsfreie Reviere erobert. Sie beherrschen das Merchandising, oft auch Drogengeschäfte, sie erpressen Eintrittskarten und Gratistransporte zum Auswärtsspiel von ihrem Club. Sie sitzen überall. Nach dem Abbruch des Spiels AS Roma - Dinamo Kiew im letzten September war klar: Der Gegenstand, der den schwedischen Schiedsrichter Frisk am Kopf verletzte, wurde von der Ehrentribüne geworfen.
Dann stellte sich heraus, dass mit den Tickets dieses Sektors ein schwungvoller Schwarzhandel getrieben wurde und wahrscheinlich ein ehrenwerter Ultra der Werfer war. Am 21. März 2004 liessen drei egomanische Roma-Rädelsführer das römische Derby platzen. Sie drangen aufs Spielfeld und redeten ihren Idolen Totti und Cassano ein, die Polizei habe vor dem Stadion einen elfjährigen Knaben totgefahren. Erfunden und erlogen. Aber der Schiedsrichter Rosetti telefonierte trotz allen Dementis des Polizeipräfekten dem Lega-Präsidenten (und Milan-Geschäftsführer) Galliani, der in Mailand beim Nachtessen sass, und erhielt den Befehl zum Abbruch.
Die drei Wichtigtuer waren: ein 34-jähriger Finanzberater aus dem Berlusconi- Konzern Mediolanum, ein 29-jähriger Kameramann des Berlusconi-Senders Canale 5 mit einer Neonazi-Karriere und ein 27-jähriger Ultra-Bandenchef. Sie alle wurden vor Gericht gestellt - und sind längst freigesprochen.
Untaugliches Gesetz
Das Gesetz, das seit 2003 das pseudo-rebellische Ultra-Unwesen im Schnellverfahren ahndet, die Ausschreitungen, Angriffe auf Polizisten und feindliche Tifosi, die Zerstörungsorgien in Autobahnrestaurants und Eisenbahnzügen, hat sich als juristischer Flop erwiesen. Der Richter verhängt ein Stadionverbot, der Delinquent müsste zur Spielzeit auf dem Polizeipräsidium antraben und dort seine Unterschrift leisten. Doch vor dem Appellationsgericht werden die Ultras regelmässig wegen Unzulänglichkeiten des Verfahrens entlastet. Die Klubs arrangieren sich mit ihren hitzköpfigen Anhängern: Sie gewähren ihnen gewissermassen Demonstrationsfreiheit.
Die lokalen Ultras haben in vielen Stadien Zugang vor Türöffnung. Sie erhalten sogar Magazine zur Verfügung gestellt, in denen sie ihre Munitionsarsenale anlegen können. Die Polizei hat in diesen Depots Nähmaschinen gefunden, mit denen Ultra-Bräute die Parolen-Stoffbahnen während dem Spiel schneidern.
Das Gesetz schrieb bis spätestens Februar 2005 Metalldetektoren zur Eintrittskontrolle vor. Toter Buchstabe. Das Problem ist ohnehin: Wie kommt man am schnellsten aus diesen Stadien heraus? Nur 43 Prozent der Anlagen genügen den Sicherheitsstandards.
nzz