Iglesias’ ungeplanter Wechsel als Win-win-Situation
Frédéric Iglesias hat einen turbulenten Sommer hinter sich. Nach dem Konkurs von Martigny war die Zukunft lange ungewiss. Mit den Lakers hat er einen Verein gefunden, bei dem er nicht nur auf dem Eis profitiert.
von Pascal Zingg
Das war die schwierigste Zeit in meinem Leben», meint Frédéric Iglesias rückblickend auf den letzten Sommer. Lange war nicht klar, wie es mit seinem HC Red Ice Martigny weitergehen würde. Einzig die Tatsache, dass er während vier Monaten keinen Lohn gekriegt habe, sei ein klares Indiz dafür gewesen, wie schlimm es um den Klub gestanden habe, sagt der 28-Jährige. Da die Situation unklar war, konnte sich Iglesias vorerst auch keinen neuen Verein suchen. Stattdessen musste sich der Verteidiger selber fithalten. «Dies war nicht ganz einfach. Ein Sommertraining vom Klub gab es nicht, und Geld für ein privates Sommertraining war wegen der fehlenden Lohnzahlungen auch nicht vorhanden», erklärt Iglesias.
Das Sportliche geriet in dieser Situation sowieso etwas in den Hintergrund. Schliesslich sei er im Juni 2016 Vater geworden, sagt Iglesias. «Die Frage, wie ich für meine Familie sorgen sollte, war eine grosse Belastung.» Erst der endgültige Konkurs Martignys brachte den Genfer schliesslich weiter. «Es war bereits Juli und die meisten Klubs hatten ihr Team zusammen. Für die Spieler aus Martigny war es deshalb schwierig, einen geeigneten Arbeitgeber zu finden.»
Als Gottéron-Fan in Genf gestartet
Iglesias’ Agent nahm mit Lakers-Sportkoordinator Roger Maier Kontakt auf und konnte seinen Schützling Anfang August bei den SCRJ Lakers unterbringen. Aus dem vorläufigen Try-out wurde schnell ein Vertrag für die gesamte Saison. Er wurde herzlich ins Team aufgenommen. «Ich glaube, sie hatten alle Verständnis für meine schwierige Situation und waren bereit, mir eine Chance zu geben.» Trainer Jeff Tomlinson und dessen Assistent Robin Farkas stellten dem Neuzuzug ein Programm zusammen, damit er seine Fitness innerhalb eines Monats wieder auf Vordermann bringen konnte. Als die Saison Mitte September begann, bekundete er denn auch keine Mühe sich im Team zu etablieren.
Schaut man auf seine bisherige Karriere, war dies keine Überraschung. Iglesias wurde am 1. Mai 1989 in Genf als Sohn eines Spaniers und einer Schweizerin geboren. Seine Liebe zum Eishockey entdeckte er allerdings nicht in der Calvinstadt. «Meine Mutter war ein grosser Fan der Gottéron-Truppe um Mario Rottaris. Sie nahm mich an ein Play-off-Spiel von Fribourg-Gottéron gegen Lugano mit. Von da an war für mich klar, dass ich Eishockey spielen will», erklärt Iglesias.
Das Handwerk erlernt er dann aber doch beim HC Genf-Servette. Nach dem Durchlaufen der Juniorenstufen wurde er nach Basel und Martigny ausgeliehen und reifte in der NLB zum Stammverteidiger. Ab 2013 gehörte er während drei Jahren zur ersten Mannschaft des HC Genf-Servette in der NLA. «Unter Chris McSorley zu spielen war nicht immer einfach. Er verlangt sehr viel von seinen Spielern. Wenn du allerdings machst, was er will, hast du keine Probleme», sagt Iglesias. Trotzdem hätten sich die beiden in seinem letzten Jahr bei Servette nicht mehr richtig verstanden.
Am Obersee glücklich
Iglesias schlug deshalb ein neues Angebot der Grenats aus und entschied sich im Frühling 2016 für den Wechsel nach Martigny. «Red Ice sagte mir, dass sie eine starke Mannschaft aufbauen und mit dieser aufsteigen wollen. Diese Aufgabe reizte mich.» Er nahm dort eine zentrale Rolle ein und erhielt das Amt des Captains. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Martigny schafft es trotz grosser Namen nicht, die hohen Erwartungen zu erfüllen. Als die Liga signalisierte, dass die Unterwalliser mit der bestehenden Halle nicht aufsteigen können, zogen sich die Investoren zurück. Der Verein landete zum zweiten Mal innert zehn Jahren in einem Konkursverfahren.
Für die Lakers wurde dies zum Glücksfall. Mit Iglesias konnten sie ihre ohnehin schon gute Verteidigung noch einmal verstärken. Er macht defensiv kaum Fehler und ist in der Lage, einen guten ersten Pass zu spielen. «‘Freddy’ ist technisch und läuferisch sehr gut», lobt Tomlinson, «zudem ist er ein sehr angenehmer Kerl, der in jeder Situation alles gibt.»
«Nach dem turbulenten Sommer bin ich extrem glücklich, dass ich hier meinen Platz gefunden habe», so Iglesias. «Ich einen Verein gefunden, der grosse Ambitionen hat. Ich hoffe, ich kann mit den Lakers aufsteigen und wieder in der obersten Liga spielen.» Dass es ihm am Obersee gefällt, hängt nicht nur mit den Ambitionen des Vereins zusammen. So lobt er, in Buttikon wohnhaft, die Stimmung in der Mannschaft und schwärmt von der Region.
Bereits jetzt spricht Iglesias so gut Deutsch, dass die Sprachbarriere kein grosses Problem mehr darstellt. «Als Eishockeyspieler musst du damit rechnen, dass du deine Heimat irgendwann verlassen musst», sagt er. Er sehe das Engagement bei den Lakers auch diesbezüglich als Chance. «Ich kann mein Deutsch so weit verbessern, dass mir dies sicher auch im späteren Leben helfen wird.» Ähnlich geht es auch seiner Frau. Als Peruanerin ist sie es sich gewohnt, sich in einer fremden Umgebung zu akklimatisieren.